publiziert in der Basler Zeitung vom 1. Dezember 2017
Energie sei der rote Faden, der wirtschaftliches Wachstum, bessere soziale Gleichheit und eine gedeihende Umwelt miteinander verbinde, hielt der frühere Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban-Ki Moon in seiner Vision über eine nachhaltige Energiezukunft fest. Trotzdem stimmten wir einem Energiegesetz zu, das zum Ziel hat, unseren Energieverbrauch bis 2035 um 43 Prozent zu senken. Was ist hier falsch gelaufen?
Gemäss Thomas Malthus, einem britischen Ökonomen des 19. Jahrhunderts, hätte ein exponentielles Bevölkerungswachstum zu Verelendung und Hungersnöten führen müssen. Heute gehören Hungersnöte als Folge mangelnder Produktion aber der Vergangenheit an. Hunger gibt es nur noch in gescheiterten und kleptokratischen Staaten. Bevölkerungswachstum bei gleichzeitigem Wohlstandsgewinn – der in unterschiedlichen Weltregionen allerdings zeitverzögert und unterschiedlich schnell erfolgt – wäre ohne den Gebrauch fossiler Energie gar nie denkbar. Dieser Prozess ist im vollen Gang. Bessere Lebensstandards, erkennbar an höherer Lebenserwartung einhergehend mit einer sinkenden Wachstumsrate, sind das Resultat. Niemand wird auch nur einen Augenblick auf diese Errungenschaften verzichten wollen.
Das heisst aber auch, dass der Energieverbrauch der Weltgemeinschaft in den kommenden Jahrzehnten noch markant zunehmen wird. Gemäss BP Energy Outlook 2017 wird er im Jahr 2035 um etwa 30 Prozent höher sein als heute.
Der immer effizientere Umgang mit Energie ist eine Selbstverständlichkeit. Es ist die Grundaufgabe und Herausforderung jedes Ingenieurs. Dazu gehört auch herauszufinden, wie man fossile Energieträger mit neuen Ressourcen ersetzt, die noch effizienter, umweltschonender, aber immer noch erschwinglich sind. Das heisst, Ressourcen zu nutzen, bei deren Gewinnung, Produktion und Verbrauch weniger Energie verloren geht als bisher. Wind und Sonne werden in den richtigen Nischen zweifellos eine wichtige Rolle spielen, sie werden jedoch nichts zum Ersatz der Fossilen beitragen. Im besten Fall werden sie den zusätzlichen Bedarf decken können. Wer glaubt, mit weniger Energie unsere zukünftigen Bedürfnisse decken zu können, hat im Physikunterricht einfach nicht gut aufgepasst.
Die CO2-Konzentration der Atmosphäre hat in den letzten hundert Jahren um 33 Prozent zugenommen. Eine Klimaerwärmung ist seit über 200 Jahren zu beobachten. Es ist nicht unwesentlich, ganz genau zu eruieren, wie viel das CO2 eigentlich zu dieser Erwärmung beigetragen hat. «Überwiegend» ist keine wissenschaftliche Antwort, nur eine politische. Sie ist ungenügend, nicht weil mal man die Verantwortung für die Emissionen abstreiten will. Ganz im Gegenteil, weil es essenziell ist zu wissen, was eine Reduktion von CO2 überhaupt bewirken wird. Die eindimensionale Fokussierung auf CO2-Reduktion, ohne Rücksicht auf Kollateralschäden wie Landschaftsverschandelung und höhere Abgaben, ist nicht zielführend und wird wie in Deutschland zu einem Energiewende-Debakel führen.
Das Energiegesetz, dem wir zugestimmt haben, bewirkt in erster Linie eine Umverteilung von privat kontrollierten Investitionen zu staatlich dirigierten Investitionen. Das ist noch nie gut gegangen. Wer das immer noch glaubt, hat offenbar nicht nur in der Physik, sondern auch im Geschichtsunterricht nicht gut aufgepasst.