publiziert in Basler Zeitung 13. 2. 2015
Die neue 8er-Linie ist ein durchschlagender Erfolg, zumindest für die Einkaufstouristen, die Weiler Ladenbesitzer und die Förderer des öffentlichen Verkehrs. Detaillisten in der Innenstadt sehen das vermutlich differenzierter.Das günstigste Angebot zählt. Weshalb das beim Strom anders sein soll, den wir zugunsten des Klimas verteuern wollen, bleibt ein Geheimnis.
«Gouverner c’est prévoir» ist eine höchst ehrbare Parole. Mit der Energiewende will man das Klima retten. Auch das ist ehrbar, nur das falsche Motiv. Das Klima wird sich ändern, das hat es immer getan. Dass das viele CO2, das wir in die Luft blasen, zum gegenwärtigen Erwärmungstrend beiträgt, ist wahrscheinlich. Doch keine einzige Studie geht davon aus, dass ein Verzicht auf CO2 die Erwärmung in planbarer Zukunft stoppt. Die Vorstellung, dass sich die Erde vielleicht nur um zwei Grad, statt um vier Grad erwärmen soll – aber auch nur wenn alle Völker gleichermassen mitmachen –, ist schlicht zu diffus.
Auf solch schwachen Szenarien eine Energiewende aufzugleisen, ist tollkühn. Ein konkreter Nutzen ist nicht greifbar. Das bessere Motiv statt dem Klimageschwurbel wäre der Ausbau einer einheimischen kostengünstigen und zuverlässigen Stromwirtschaft, die es einmal fertigbringt den Verkehr zu elektrifizieren und alle Wärmepumpen zu versorgen, um auf importiertes Öl zu verzichten. Alle Tesla-Fahrer müssten dies unterstützen. Ohne Kernenergie wird das aber schwierig. Eine Energiezukunft, die nur auf erneuerbaren Energien aufbaut, ist leider eine Utopie.
Die ganze Energiewende ist in erster Linie eine Verteuerungsaktion. Wir sollen uns in Zukunft zwei Energiesysteme leisten, statt wie bisher nur eines. Der bisherige Kraftwerkpark soll Teufel komm raus mit Solar- und Windanlagen ergänzt werden, die zwar sauberen Strom liefern, aber nicht zuverlässig sind. Deshalb müssen die bisherigen Werke zur Absicherung voll aufrechterhalten bleiben. Zwei Systeme sind einfach teurer als eines. Das wird nicht einmal bestritten. Und weniger produzieren würde Verzicht bedeuten. Deshalb sucht der Bundesrat mit dem Nationalen Forschungsprojekt Nr. 71 nach Wegen, die Leute zu Einschränkungen zu erziehen. Eines der Ziele heisst wörtlich: «Realisierung der energetischen Effizienz- und Suffizienzpotenziale privater Haushalte, Unternehmungen, öffentlicher Einrichtungen und Betriebe durch Steuerungsmassnahmen». Ersetzt man die Worte Suffizienz und Steuerungsmassnahmen mit «Verzicht» und «Steuern», ist klar, was gemeint ist. Eine Verteuerung von Energie ohne messbaren Nutzen ist einigermassen schwierig zu verkaufen.
Wie viel Erfolg das haben könnte, müsste man zuerst mal bei den Einkaufstouristen testen. Zudem sind Zukunftsszenarien Glückssache. Wer hätte vor einem halben Jahr schon gedacht, dass der Ölpreis um die Hälfte sinkt und der Franken in Weil am Rhein plötzlich 20 Prozent mehr wert sein wird? Wenn wir auf unnötig überteuerter Ware sitzen bleiben, ist wohl niemandem gedient. Wann lernt unsere Energieministerin wohl diese einfache Marktregel? Ennet der Grenze ist es günstiger. Wieso sollte dies bei der kommenden Strommarktliberalisierung nicht auch so sein? In Basel stimmen die Bürger mit dem Trambillett ab. Zumindest verhalten sich die 8er-Tram-Fahrer klimapolitisch vorbildlich.