publiziert in der Basler Zeitung vom 14. Sept. 2018
Wer jetzt glaubt, dass eine Kritik an begüterten Steueroptimierern folgt, wird enttäuscht sein. Die Tricks die hier beleuchtet werden, betreffen nicht Geldspiele, sondern den Umgang mit CO2, dem Gas unserer Ausatmung sowie sämtlicher Verbrennungsprozesse.
Die auf allen politischen Ebenen geforderte CO2-Reduktion, respektive Dekarbonisierung, ist wahrscheinlich die meist unterschätzte und die meist missverstandene Herausforderung unseres Jahrhunderts. Vergessen geht, dass 85% der Energieversorgung durch fossile Brennstoffe sichergestellt ist, was eine Vervierfachung der Weltbevölkerung innerhalb von hundert Jahren überhaupt erst erlaubte. Die eigentliche Herausforderung ist gar nicht die Steuerung des Klimawandels, die echte Herausforderung ist es, zehn Milliarden Menschen ein erschwingliches, würdiges Leben auf einem lebenswerten Planeten zu ermöglichen. Dekarbonisierung ist eine berechtigte Forderung, aber dann sollte man verstehen, was das bedeutet. Mit ein paar Windrädern, Elektromobilen und Solarpanelen ist es mit Sicherheit nicht getan. Es geht um den Erhalt einer möglichst intakten Umwelt und Biosphäre bei einer Weltgemeinschaft, die zwar nicht mehr so schnell wächst, aber umso schneller unseren Wohlstand erreichen will.
Die mediale Dauerbeschallung über einen katastrophalen Klimawandel ist nicht besonders hilfreich. Sie fokussiert beflissene Weltenretter allein auf die Reduktion eines einzigen an sich harmlosen Gases. Kollateralschäden an Landschaft, Rohstoffen und anderen Ressourcen werden dafür in Kauf genommen. Allerdings ist CO2eine handliche Bemessungsgrösse und bietet die Möglichkeit, Emissionen zu besteuern. Aber fälschlicherweise wird davon ausgegangen, dass mit einem Verzicht auf den Gebrauch von Erdöl alles geregelt sei.
Beim Pariser Klimavertrag brillierte die Schweiz als hochentwickeltes Land mit den tiefsten pro Kopf Emissionen und noch mehr mit ihrem ambitionierten Reduktionsziel, die Emissionen zu halbieren. Man wies stolz darauf hin, dass dieser Absenkpfad seit 1990 beschritten werde.
Das ist der Trick des reichen Landes: Die Absenkung kann weitgehend mit der Auslagerung energieintensiver Industriezweige, wie z.B. Papier-, Zement-, Stahlindustrie erreicht werden. Wir werden zunehmend ein Dienstleistungsland. Energieintensive Produkte lassen wir in Indien, China oder anderswo herstellen und importieren sie einfach. Ganz widersprüchlich wird es, wenn die wegfallende Kernkraft mit Importstrom ersetzt werden muss. Würde man unsere Emissionen nicht auf der Basis der Inlandproduktion rechnen, wie im Pariser Abkommen festgehalten, sondern auf der Basis des Konsums, verdoppeln sich unsere CO2-Emissionen.
Bei der Revision des CO2-Gesetzes soll deshalb mindestens die Hälfte der Reduktionsleistung im Ausland möglich sein. Doch genau dies wird von jenen abgelehnt, welche uns immer den Spiegel für unsere Klimasünden vorhält. Ausgerechnet Grüne und Linke sind gegen Auslandreduktionen, selbst wenn dort mit dem gleichen Franken eine wesentlich grössere Wirkung erzielt werden kann. Lieber will man in der Schweiz ineffiziente Windanlagen subventionieren, als in einem Schwellenland ein dreckiges Kohlekraftwerk durch ein hocheffizientes Gas- oder noch besser Wasserkraftwerk zu ersetzen. Die Frage was wichtiger erscheint, die „Welt zu retten“ oder das eigene Windrad subventionieren zu lassen, müssen diese Kreise selbst beantworten.
Die grossen Werkstätten der Welt, wie Indien und China, müssen bei der Stromerzeugung jedoch auf ökonomische Lösungen mit der gesamten Palette, von neuen erneuerbaren Energieträgern, Wasser-, Kohle-, Öl- und Gas- bis zu Kernkraftanlagen setzen. In einem reichen Land wie der Schweiz grün zu politisieren ist erschreckend einfach.