publiziert in der Basler Zeitung vom 9. November 2018
Es liegt in unserer DNA, dass wir unseren Nachkommen eine lebenswerte Zukunft ermöglichen wollen. Den Anspruch, für eine enkeltaugliche Welt zu kämpfen, können grüne Klimaretter sicher nicht mehr für sich pachten. Vor allem nicht, wenn ihnen der Fokus effektiv wirksamer Massnahmen abhandengekommen ist und sie nur noch für die Sicherung einer subventionierten Klimaindustrie kämpfen.
Weltweit steigen die Treibhausgas-Emissionen. Sie sind das Symptom einer noch wachsenden Weltbevölkerung, deren überwiegende Mehrheit ein besseres Leben anstrebt. Das Vorbild ist unser Lebensstandard, den man auf jedem Handy-Bildschirm als Video abrufen kann, jederzeit und bis in die hinterste Ecke der Welt.
Beim Besuch eines aufstrebenden Landes, in meinem Falle Vietnam, wird einem sehr schnell klar, dass dort Aufbruch herrscht und die Leute für Wohlstand und Sicherheit ihrer Familien und eben auch für ihre Nachkommen hart arbeiten. Ich habe dort die freundlichsten und motiviertesten Leute kennengelernt. Dass bei diesem Drang nach Aufstieg der Umweltschutz unter die Räder kommt, ist ein Fakt, den man einfach mal so zur Kenntnis nehmen muss. Saigon ist vermutlich die Welthauptstadt der Töff-Fahrer. Erst wenn das Land dank Wirtschaftswachstum es sich einmal leisten kann, zusätzliche grosse Kraftwerke zu bauen, werden die Leute auf Elektrofahrzeuge umsteigen, dann allerdings gleich auf ein Auto und nicht mehr nur ein Töffli.
Die Gewässerverschmutzung im Mekong Delta ist prekär. Kläranlagen gibt es höchstens für die grössten Städte, doch viele Seitenäste des Mekongs gleichen Kloaken. Die Meeresstrände sind nur vor den Ferienanlagen von Plastikmüll befreit. Und das nur dank täglicher Putzaktionen zahlloser Bediensteter. Diese Defizite sind den Vietnamesen bewusst und sie werden das auch verbessern, nur liegen die Prioritäten noch anders.
Auf unserer Seite des Planeten erlassen wir Vorschriften, um unsere Häuser noch energieeffizienter zu machen, auch wenn dazu das Einsparen einer Tonne CO₂ mehr als 250 Franken kostet. Eine positive Wirkung auf den Klimawandel und dessen Folgen wie Gletscherschmelze, steigende Meeresspiegel und Korallensterben darf man davon nicht erwarten.
Eine ganz direkte messbare und massiv wirkungsvollere Massnahme wäre allerdings der Bau von Kläranlagen und Meerwasserentsalzungsanlagen im Mekong-Delta. Korallen sterben nämlich nicht, wie immer behauptet, wegen des Klimawandels, sondern ganz einfach wegen der Gewässerverschmutzung. Und die Überflutungsgefahr küstennaher Städte ist die Folge eines übermässigen Grundwasserentzugs, der das Mekong-Delta bis zu vier Zentimeter pro Jahr absinken lässt. Das ist zehnmal schneller als das klimabedingte Ansteigen der Meeresspiegel. Das trifft auch für andere Gebiete mit Hunderten von Millionen Menschen zu, wie zum Beispiel Schanghai, Kalkutta, Jakarta oder auch New Orleans. Solche Massnahmen haben garantiert eine messbare, positive Umweltwirkung. Sie würden unvergleichbar mehr bewirken als nur die Beruhigung unseres Gewissens.
Es ist deshalb zynisch, wenn sich bei der Politik heute alles nur noch um CO₂-Reduktion dreht. Beim ganzen Lärm über den Klimaschutz scheinen der Umweltschutz und die Wirksamkeit von Reduktionsmassnahmen keine Rolle mehr zu spielen. Infrage stellen muss man hier einmal mehr die Unvoreingenommenheit von Klimaschützern und Klimawissenschaftlern, die es partout nicht fertigbringen oder fertigbringen wollen, ihre apokalyptischen Prognosen in Relation zu echten Umweltproblemen zu stellen.