publiziert als Leserbrief in der Neuen Zürcher Zeitung vom 2. 8. 2016
Technologieentwicklungen finden in immer kürzeren Zeitspannen statt. Mit dem exponentiellen Wachstum wissenschaftlicher Publikationen und einer zeitgleichen Verfügbarkeit der Information für Jeden mit einem Internetanschluss, hat Wissen die Pforten von Hochschulen und Forschungslabors übersprungen. Ein goldenes Zeitalter für unabhängige Tüftler und Erfinder. Wem es gelingt die nötigen Mittel zu beschaffen kann mit heutiger Fertigungstechnik praktisch alles entwickeln was man sich vorstellen kann. „If you can think it, you can do it.“ Bertrand Piccard hat das eindrücklich bewiesen. In dieser grossartigen Zeit des Umbruchs muss jetzt aber die logische Frage folgen: Macht das auch Sinn? Sinn macht Piccards Flug, um die Machbarkeit von Träumen zu beweisen. Fraglich ist hingegen mit 170 Millionen Franken einen einzigen Menschen in 505 Tagen um die Welt zu fliegen. Materialverbrauch, graue Energie, Schadstoffbelastung der ganzen Karawane, inklusive dem Willkommensflug von Energiesparministerin Leuthard nach Abu Dhabi sprengen jegliche Grenzen der Vernunft. Mit dem selben Geld könnte man 40’000 Menschen innerhalb weniger als 48 Stunden rund um die Erde fliegen. Aber wer fliegt schon von A nach A. Macht genau so wenig Sinn.
Die ganze Bemühung war doch zu zeigen, dass man zum Fliegen keine Treibhausgase in die Luft jagt, um unseren wunderbaren Planeten zu retten. Dass die ganze dazu unverzichtbare Infrastruktur ein Vielfaches an Schadstoffen erzeugt und das ganze Vorhaben eine Materialschlacht wertvollster Rohstoffe ist, scheint nicht zu kümmern. Wofür wir Betrand Piccard dankbar sein müssen ist die Erkenntnis, dass wir mit solchen Entwicklungen in Zukunft nicht nur drei, sondern mindestens ein Dutzend Erden brauchen werden. Dann können wir träumen diese zu erobern.