publiziert in der Basler Zeitung vom 15. April 2016
Ideologien sind zur Lösung globaler Herausforderungen ungeeignet. Leider scheinen aber gerade beim Thema Klimawandel Ideologen das Sagen zu haben. Alarmisten von Meter hohen Meeresspiegelhebungen und unkontrollierbaren Stürmen geben immer noch den Ton an. Forderungen auf asketischen Verzicht bis zu Geo-Engineering- Fantasien sind das Resultat. Geo-Engineering bezeichnet das aktive Eingreifen in das Klimageschehen, um eine Erwärmung zu stoppen. Wer von der Grössenordnung und Komplexität von Kreisläufen der Natur einigermassen Ahnung hat, muss solche Versuche als gefährlichen Grössenwahnsinn ablehnen. Ein bisschen mehr Bescheidenheit über die Fähigkeiten, den Planeten zu steuern, wäre angebracht.
Tatsächlich gibt es ein Geo-Engineering-Experiment, das seit vielen Jahrzehnten läuft, dessen Auswirkung bis heute aber mehr Fragen als Antworten aufwirft: das weltweite Verfeuern fossiler Brennstoffe. Mit Beginn der Industrialisierung vor über hundert Jahren hat der Ausstoss von Kohlendioxid sukzessive zugenommen und sich mit der Globalisierung in den letzten vier Jahrzehnten rapide beschleunigt. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat sich in den letzten sechzig Jahren von 0,03 Prozent auf 0,04 Prozent erhöht. Die Klimaerwärmung hat allerdings schon einiges früher begonnen. Einen verstärkenden Einfluss der menschengemachten Emissionen muss man nicht abstreiten, auch wenn man ihn schwerlich quantifizieren kann. Es ist aber mehr als fraglich, wie weit sich mit einer CO2-Reduktion das Klima tatsächlich steuern lässt. Der Umkehrschluss, dass es ohne CO2-Emissionen nicht mehr wärmer wird, ist wissenschaftlich nicht haltbar.
Was zur Frage führt, ob man denn einfach aus allen Rohren weiter feuern kann. Natürlich nicht. Es macht überaus Sinn, Energie immer noch effizienter zu nutzen und nachhaltige Systeme zu entwickeln. Erstens wird der Energiebedarf weltweit zunehmen und zweitens sind die fossilen Rohstoffe endlich, auch wenn noch sehr lange verfügbar. Nachhaltige Energiesysteme kommen zum Einsatz sobald sie ökonomisch Sinn machen, oder einen messbaren ökologischen Nutzen bringen. Peking hat zum Beispiel kein Problem mit CO2, sondern mit ernsthafter Luftverschmutzung. Also ersetzt man Kohle, wo es geht mit Wind-, Gas- oder Kernkraftwerken. Das sind pragmatische, keine ideologischen Lösungen.
CO2 ist eine Messgrösse, wie effizient mit fossilen Energien gewirtschaftet wird. Da ist weltweit noch ein riesiges Reduktionspotenzial vorhanden. Wind- und Solarstrom werden einen Beitrag leisten, aber nie zu einer massiven Dekarbonisierung führen. Es wäre ein Fehlschluss zu meinen, dass die rückläufigen CO2-Emissionen in industrialisierten Ländern das Ende von Kohle und Öl eingeläutet haben. Ein Teil ist den neuen erneuerbaren Energien zuzurechnen, die wesentlichen Faktoren sind jedoch Effizienzsteigerungen, der Umstieg von Kohle auf Gas, das gebremste Wirtschaftswachstum und, bei uns, die Auslagerung energieintensiver Produktion in Billigländer. Ob die letzten Faktoren wünschenswert sind, bleibt jedem selbst zu beurteilen.
Anstrengungen, die Welt mit Energie zu versorgen, ohne die Umwelt zu zerstören, sind eine Daueraufgabe. Die ganze Angstmacherei mit einer davonrennenden Klimaerwärmung sind hingegen Exzesse einer Ideologie, die man als Klimatismus bezeichnen darf. Zur Erfindung effizienter und nachhaltiger Energietechniken braucht es keine ideologischen Drohfinger.