Heute ging ich an die Swissbau um mich über die neusten Trends der Bauindustrie zu informieren. Für eine nachhaltige Energiezukunft kommt gemäss der bundesrätlichen Energiestrategie dem Bausektor eine zentrale Rolle zu. Nirgends soll das Einsparpotential so gross sein wie beim Gebäudepark. Deshalb sind auch sämtliche Agenturen für nachhaltiges Bauen, erneuerbare Energien und Energeieffizienz, Minergie etc. prominent vor Ort vertreten. Das Motto, respektive die Frage des diesjährigen Swissbau Focus ist: Rettung durch Technik?

 

Ohne einen einzigen Vortrag der Veranstalter besucht zu haben war meine Meinung nach einem kurzen Rundgang durch die Hallen der Haustechnik klar: Nein. Was hier an innovativer und komplexer Technik angeboten wird ist phantastisch und faszinierend. Wohnen wird immer schöner, wohliger, perfekter. Technik wird unseren Wohnkomfort noch in ungeahnte Höhen steigern, und das schnöde Verbrennen von Heizöl im Keller wird effektiv abnehmen. Trotzdem werden wir uns von den Zielen der Energiewende weiter den je wegbewegen. Die Abhängigkeiten mit solch komplexer Haustechnik, wird in einem Mass zunehmen, dass wir in keiner Sekunde mehr auf eine gesicherte Energiezufuhr, ich spreche von Strom, verzichten können.

Welch gigantischer Weg sind wir in den letzten paar hundert Jahren – vor allem im letzten Jahrzehnt – gegangen, vom einfachsten Hausbau, man denke an die funktionalen Alphütten, bis zu den heutigen hightech Wohnmaschinen, vollgepflastert mit Solarpanelen, Isolationen, Steuer- und Regelgeräten, Zwangsentlüftungen, automatischen Beschattungsanlagen und vollautomatisierten Küchen, in welchen nur noch das Essen von Hand geschieht. Über Kabel oder noch besser drahtlos ist alles miteinander verbunden, das internet of things hat in unseren Haushalten definitiv Einzug gehalten.

Alles wunderbar, wenn da nicht der kleine Haken wäre, dass dies ohne Strom alles zusammenbricht. Das war bei der Alphütte nicht der Fall. Mit kleverer Speichertechnik lässt sich das natürlich alles lösen. An wievielen Orten habe ich an der Swissbau das Wort Nachhaltigkeit und Resilienz gehört? Ich weiss es nicht mehr. Ich weiss nur, das was ich gesehen habe, war weder nachhaltig noch resilient. Um letzteres verständlich zu machen: Robust, dauerhaft und anpassungsfähig. Kein Produkt in der Haustechnik, das ich gesehen habe wird eine Lebensdauer von mehr als zehn Jahren haben. Die meisten Gerätchen, Servos, Pümpchen, Steuerungen und Apps werden schon lange vorher veraltet sein und mit Neuentwicklungen nicht mehr kompatibel betrieben werden können, falls sie nicht schon vorher durch einen Funktionsfehler ausgestiegen sind. Das ist das pure Gegenteil von nachhaltigem Bauen. Ich war erschüttert. Alleine die Komplexität der Produkte selbst bedingt hochentwickelte Fertigungsprozesse die ihrerseits energie- und ressourcenintensiv sind. 2000 Watt Gesellschaft ade. Selbstverständlich will niemand mehr zurück, um mit einer Axt eine Holzhütte zu bauen. Die Bauwirtschaft und die gesamte Zulieferindustrie machen einen gesunden Eindruck, das Geschäft läuft gut. Nur den Zielen der Nachhaltigkeit scheint niemand zu folgen. Ich wollte das Wort schizophren eigentlich vermeiden, aber nach zwei Stunden an der Messe schien es das einzig zutreffende zu sein. Die Messe wird übrigens in einer Stadt abgehalten, die sich zum Ziel gesetzt hat, seine Bürger nur noch eine Tonne CO2 pro Jahr generieren zu lassen. Die 0.4 Tonnen, welche man mit der Atmung produziere dürfe man dem Vernehmen nach noch separat verrechnen.

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AuthorMarkus Häring