publiziert in Basler Zeitung vom 6. Nov. 2015
Beim Thema Klimawandel scheint es nur noch zwei Sichtweisen zu geben: Diejenige der Apokalyptiker und diejenige der Klimaleugner. Im angelsächsischen Sprachgebrauch werden die einen «alarmists», und die andern «deniers» genannt, alles abschätzige Bezeichnungen. Der differenzierte wissenschaftliche Diskurs ist Ideologien gewichen. Der schädlichste aller Sprüche «The science is settled» hat das Seine beigetragen. Er ist Ausdruck eines Dogmatismus, der einer aufgeklärten Gesellschaft unwürdig ist. Ich habe im Internet Diskussionsforen zum Thema Klimaveränderung unter die Lupe genommen. Gefunden habe ich valable Argumente pro und contra, die aber immer wieder durch dümmste Vorwürfe auf peniblem Niveau heruntergerissen werden. Erdölfinanzierte Auftragsforscher oder naive Weltverbesserer sind noch die Anständigen. Ein sachlicher Dialog findet in diesen Foren kaum statt. Leider sind das aber die Quellen, welche Medienschaffenden am ehesten zugänglich sind. Wer sich dieser bedient, trägt das undifferenzierte Bild in die Öffentlichkeit.
Blenden wir zehn Jahre zurück. Der von Al Gore initiierte Film «An Inconvenient Truth» hat der sachlichen Auseinandersetzung zu Klimafragen ein Ende gesetzt. Dort wurden unhaltbare Horrorszenarien zum Klimawandel in brillanter Hollywood-Manier inszeniert. Sie haben ihre Wirkung nicht verfehlt. 2007 erhielt der Film zusammen mit dem Weltklimarat IPCC den Friedensnobelpreis. Damit war das Thema emotionalisiert und einer politischen Institution wurde die Salbung der Unfehlbarkeit erteilt.
Was Naturwissenschaftler aller Richtungen an Wissen zum Verständnis des Klimageschehens erarbeitet haben ist grossartig. Die wissenschaftlichen Beiträge, die dem IPCC als Basis ihrer Beurteilung dienen, sind von höchster Qualität. Was aber daraus in den «Summaries for Policymakers» zusammengezogen wird, unterliegt keinem Peer- Review mehr. Durch den Segen des Friedensnobelpreises sind diese Zusammenfassungen zu unanfechtbaren Wahrheiten geworden. Das ist für den wissenschaftlichen Diskurs extrem schädlich. Im politisch vergifteten Milieu gelang es sogar, das Wort Skeptiker zum Schimpfwort zu erheben, obwohl die Skepsis das Qualitätsmerkmal jedes seriösen Wissenschaftler sein sollte.
Es darf doch nicht sein, dass, wenn man kritische Fragen zu den Mechanismen und Zusammenhängen zwischen menschengemachtem CO2 und Klimawandel stellt, man immer zuerst erklären muss, dass man die beobachtete Klimaerwärmung gar nicht infrage stelle und das übermässige Verfeuern fossiler Rohstoffe auch nicht gut finde. Das Ablegen solcher Gelübde, bevor man angehört wird, mag bei religiösen Ritualen noch angehen, hat aber in einer aufgeklärten Gesellschaft nichts zu suchen.
Effizienzsteigerung und Entwicklung neuer Energien sind Daueraufgaben unserer Gesellschaft. Das sind Selbstverständlichkeiten, die man nicht mit jedem zweiten Wort mit CO2-Reduktion und Klimawandel in Zusammenhang bringen muss. Dazu braucht es weder Drohszenarien noch postulierte Notsituationen. Das sind normale Herausforderungen, die keinen marktverzerrenden Subventionen bedürfen. Im Gegenteil, Subventionen und politische Lenkungsmechanismen schaden nicht nur der Wettbewerbsfähigkeit, sondern der Innovation selbst. Das Ausschalten des Marktes fördert nur das Wuchern nicht lebensfähiger Produkte. Ideologien dürfen nicht zur Richtschnur von Forschung und Wissenschaft werden. Das sind pathologische Entwicklungen, die es zu erkennen und zu unterbinden gilt.