Basler Zeitung, 16. 1. 2015

Der Klimawandel hat uns höhere Schneegrenzen eingebrockt. Damit unsere Schigebiete nicht verloren gehen braucht es Gegenmassnahmen. Zum Beispiel Schneekanonen. Ich will nicht gegen Schneekanonen wettern. Sie sind aber ein klassisches Symbol unserer Anspruchsgesellschaft. Das Schifahren will man sich gönnen. Abgesehen davon schafft es wirtschaftliche Perspektiven für die Berggebiete und Arbeitsplätze. Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig der Schweiz. Darauf verzichten? Sicher nicht.

Doch Schneekanonen brauchen Strom. Damit das klimaneutral bleibt, müsste man diese am besten mit Solarstrom betreiben. Ich verzichte hier auf eine Berechnung, wie viel Solarpanele pro Quadratmeter beschneite Schipiste nötig wären. Natürlich ginge es, es wäre nur sehr hässlich Solarpanele neben die Pisten zu stellen. Ob das die Touristen goutieren wäre die Frage.

Das kleine Beispiel soll illustrieren wie schwierig es ist eine 2000 Watt Gesellschaft ohne Wohlstandsverzicht zu realisieren. Zur Zeit sind wir eine 6000 Watt Gesellschaft. Die Klimaziele des Bundes sind eine Senkung von 40% der CO2-Emissionen gegenüber 1990. Das ist sehr ambitioniert, insbesondere wenn man gleichzeitig die CO2-armen Kern­kraft­werke abstellen will. Am besten man würde auf diesen Strom verzichten. Doch genau das geht nicht. In allen Energieszenarien des Bundes sind Reduktionen beim Verbrauch von Öl, Benzin, Diesel und Gas vorgesehen, ausser beim Strom. Die Reduktion der Treibstoffe soll mit Elektrofahrzeugen erreicht werden. Das macht uns auf jeden Fall Bundesrätin Leuthard mit ihrem Tesla vor. Den Verkehr zu elektrifizieren würde den Stromverbrauch mehr als verdoppeln. Technisch und wirtschaftlich eine Illusion. Und nicht einmal umweltschonend, ausser man wäre der Ansicht diese Mengen Strom CO2-frei produzieren zu können. Kernkraftwerke könnten das, aber die will man nicht. Wind und Sonne kämen nicht in Frage, die reichen auch in den Bundesszenarien höchstens zur Deckung eines Drittels des bisherigen Verbrauchs.

Wir sind einer 2000 Watt Gesellschaft ferner denn je. So hehr die Ziele sind, in unserer wohlstandsgesättigten Gesellschaft ist es leicht darüber zu philosophieren. Einem Bewohner der aufstrebenden Länder – und das sind weit über 50% der Weltbevölkerung – zu erklären, dass er seinen Lebensstandard nicht erhöhen sollte und seine Lebensqualität darunter überhaupt nicht leiden würde, ist schlicht eine Anmassung. Stellen sie sich einmal vor das einem Bauern im chinesischen Hinterland zu erklären, der gerade seine Hacke gegen einen Traktor tauscht. Auf der Welt gibt es rund 4 Milliarden Leute die ähnliche Träume haben. Es macht den Mensch aus, nach Wohlstand und Sicherheit zu streben. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden zu den bisherigen sieben Milliarden noch drei weitere kommen. Nur schon deren Nahrungsmittel- und Wasserversorgung basiert auf energieintensiver Technik, nicht auf Handarbeit und Selbstversorgung. Der private Biogarten ist leider nur ein Wohlstandsprivileg. Niemand wird auf irgend etwas verzichten wollen. Die 2000 Watt Gesellschaft ist deshalb nicht nur illusorisch, sie ist nicht mal als Vision tauglich. Als Probe kann man ja mal beginnen Schneekanonen zu verbieten.

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AuthorMarkus Häring