Kurz vor der Klimakonferenz in Lima haben China und die USA ein als wegweisend bezeichnetes ­Klimaabkommen getroffen. Schon wurden ­Stimmen laut, dass die Schweiz jetzt arg ins ­Hintertreffen komme und in Zugzwang sei. ­Unterdessen kennen wir das Resultat der ­Konferenz: null. Ein näheres Hinsehen lohnt sich beim vermeintlich spektakulären Abkommen ­zwischen China und den USA aber trotzdem.

China verpflichtet sich bis 2030 seinen CO2-Ausstoss stabilisiert zu haben und danach zu senken. Im Gegenzug verpflichten sich die USA ihre CO2-Emissionen bis 2025 um 25 Prozent zu senken. China macht aber keine Angabe, auf ­welcher Höhe die Stabilisierung stattfinden soll. Aus den heutigen Steigerungsraten ist der zu erwartende Peak jedoch abschätzbar. Rechnet man das mal säuberlich durch, kommt man in der Summe – die Einsparungen der USA ­wohlverstanden abgezogen – auf 2000 Millionen Tonnen pro Jahr mehr, nicht etwa weniger, als heute. Im Vergleich: In der Schweiz emittieren wir jährlich 43 Millionen Tonnen CO2, Tendenz knapp sinkend, und das bei einer bereits vorbildlichen Energieeffizienz. Mit anderen Worten: China nimmt nochmals eine Zunahme von rund fünfzig mal dem Ausstoss der Schweiz in Kauf. Die USA können ihr Ziel locker erfüllen. Der Umstieg von Kohle auf billigeres Schiefergas rechnet sich bereits und erzeugt, ­ausser in den Kohleberg­werken, keinen Stress. Dazu müssen die ­Amerikaner nicht einmal ­kleinere Autos fahren.

China ist sich seiner Probleme mit Kohle sehr wohl bewusst. CO2 ist das geringste. Richtig ­problematisch sind Russ, Schwefel- und ­Stickoxide, welche die Städte wochenlang im ätzenden Smog ersticken. Das Land setzt deshalb stark auf saubere Energie und investiert in Wind- und Solar-, aber vor allem in Kernkraftwerke. Die gelten dort als Cleantech. Dass sich China zum führenden Entwickler von Kernkraftwerken neuster Generation gemausert hat, wird hier kaum zur Kenntnis genommen. Dieser ­pragmatische Weg zur Minderung seiner akuten Umweltbelastungen ist dem Land nicht zu ­verübeln. Seine Bürger streben einen Wohlstand nach unserem Vorbild an, was man weder ­bremsen noch verbieten kann. Die 2000 Watt Gesellschaft ist dort kein Thema. Wenn wir jetzt auch noch das nächste aufstrebende Land gleicher Grösse anschauen, nämlich Indien, das die gleiche Entwicklung wie China durchlaufen will, wird klar, dass Energiesparmassnahmen bei uns fürs Klima wirkungslos sind. Das heisst nicht, dass wir nicht noch effizienter mit Energie ­umgehen sollten. Das verschafft echte ­Wettbewerbsvorteile. Es besteht aber kein Grund, dies mit Klimapolitik zu verbinden.

Unser Beitrag kann nur in der Innovation ­effizienter und kostengünstiger Energiegewinnungsmethoden sein. Bei der Geothermie wissen wir, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben. Bei Wind und Sonne ist man nur scheinbar weiter. Auch diese Kraftwerktypen darf man ­frühestens dann marktreif nennen, wenn sie den Strom genau zu dem Zeitpunkt liefern, wenn er gebraucht wird, und das zu Kosten, die man in aufstrebenden Ländern bezahlen kann. ­Hochspannende Herausforderungen für unsere Hochschulen und Industrie. Dazu braucht es weder zusätzliche Subventionen für halb fertige Methoden noch versteckte Forschungsverbote für neuste Kernkrafttechnologien, wie sie vom Nationalrat in unübertrefflichem Aktionismus beschlossen wurden.

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AuthorMarkus Häring

Basler Zeitung 21. November 2014

Wir wünschen uns alle eine nachhaltige Energiezukunft. Das ist mehr als nur ein legitimer Wunsch. Er entstammt der Einsicht, dass wir das Raumschiff Erde auf Dauer nicht einfach plündern können. Der globale Energieverbrauch wird aber eine Zunahme noch nie da gewesenen Ausmasses erfahren. Es wird also deutlich mehr als nur Solar- und Windkraftwerke brauchen.

Seit Beginn der Industrialisierung Ende des 18. Jahrhunderts hat die Weltbevölkerung von einer auf über sieben Milliarden zugenommen. Bis Ende des laufenden Jahrhunderts geht man von einem Wachstum auf elf Milliarden aus. Das klingt nicht mehr so dramatisch wie der Zuwachs der vergangenen Jahrzehnte, allerdings mit dem Unterschied, dass diese elf Milliarden den Anspruch auf unseren aktuellen sehr hohen Lebensstandard stellen werden. Die heutigen sieben Milliarden sind im Schnitt eine 2400-Watt-Gesellschaft, aber nur dank den sehr grossen ­Massen, die sich mit viel, viel weniger Energie begnügen als wir hierzulande mit unseren 7000 Watt. Die Menschen in den aufstrebenden Ländern wollen aber nach dem Kühlschrank, dem Fernseher und dem Smartphone auch noch ein Auto, wollen reisen können, vielleicht sogar noch eine klimatisierte Wohnung, aber sicherlich nicht das 2000-Watt-Label.

Zukunft braucht alle Quellen

Die Belegschaft des Raumschiffs Erde wird in Zukunft alle Energieressourcen nützen müssen. Da scheint es nicht abwegig, auch die Kernenergie ins Auge zu fassen. Es ist vielleicht ganz gut zu wissen, dass die Kernenergie in China als Cleantec verstanden wird. 

Was hat das alles mit dem Klima zu tun? Was die Schweiz betrifft, eben sehr wenig. Bei der Energiefrage konzentrieren wir uns alle nur auf das dumme CO, dabei ist es im Hinblick auf uns gar kein Thema. Würden alle Menschen dieser Welt mit ähnlichem Wohlstand pro Kopf so wenig CO produzieren wie wir, gäbe es diese Diskussion wohl kaum. 

Diese Frage ist nur relevant in Ländern, deren Energieversorgung hauptsächlich auf dem Verbrennen von Kohle aufbaut. Zugegeben, es wird in Zukunft auch uns betreffen, wenn wir gemäss Energiestrategie 2050 auf Stromimporte aus Braunkohlekraftwerken aus den umliegenden Ländern setzen. 

Kernenergie produziert radioaktiven Abfall, Kohle produziert neben CO vor allem Russ und Schwefeloxide. Solar- und Windstrom ist unzuverlässig und produziert eine kaum erfüllbare Nachfrage nach Speichern auf Kosten der Wasserkraft. Geothermie braucht billigere Bohrtechniken und lässt ab und zu noch die Erde erzittern etc. Fertig erfunden ist noch keine einzige dieser Technologien. Ohne Öl und Gas geht es in nächster Zukunft einfach nicht. In der Energiestrategie 2050 ist dazu witzigerweise das Thema Mobilität völlig ausgeschlossen.

So einfach, wie das hierzulande gerne dargestellt wird, ist das alles nicht. Und dann gibt es neben der Ökonomie noch die unerbittlichen Gesetze der Physik, welche sämtlichen Techno­logien irgendwo eine Grenze setzen und nicht alle Wünsche zulassen. 

Vor diesem Hintergrund ist es unverantwortlich, nicht alle Energieressourcen nach ihrer jeweiligen besten Eignung zu nutzen und weiterzuentwickeln. Die Welt wird über unsere Lebenserwartung hinaus ohne Ausnahme alle diese Ressourcen brauchen. Der abgehobene Verzicht auf Kernenergie mag momentan opportun sein. Kurzsichtiges Gärtchendenken wäre die prägnantere und ehrlichere Formulierung.

Verteufelung einer Energiequelle und das Hochjubeln einer andern zeugt nur von Partiku- larinteressen und nicht von Weitsicht. Es ist betrüblich, dass die schweizerische Energie­politik momentan von Ersterem dominiert ist. Weder die Natur noch die Bürger werden es danken.

 

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AuthorMarkus Häring

Woher kommt die Faszination auf Katastrophenszenarien? Die Antwort ist vermutlich komplex und Sozialwissenschaftlern zu überlassen. Als Naturwissenschaftler faszinieren mich nicht Katastrophen, sondern die Dynamik der Natur, deren Variabilität und deren laufende Veränderungen. Katastrophen erlebt immer nur ein unmittelbar Betroffener, die Natur kennt bloss Ereignisse. Das ist keine zynische, sondern eine sachliche Sichtweise. Sie ist zur Lösungsfindung von Fehlentwicklungen wesentlich besser geeignet als Angstmache.

Dass der zunehmende Verzehr fossiler Ressourcen durch die menschliche Spezies auf die Dauer kein gangbarer Weg ist, braucht hier wohl kaum diskutiert zu werden.

Versucht man nun aber eine Fehlentwicklung mit Alarmismus und Klimahysterie zu bekämpfen, und empfiehlt im Namen der Wissenschaft kurzsichtige und unausgegorene Massnahmen, erreicht man oft das Gegenteil. Gedient ist dabei niemandem, am wenigsten der Natur.

So bereits geschehen in Deutschland. Mit dem Entscheid Strom aus Solar- und Windkraft jährlich mit Milliarden Euros zu subventionieren und dafür Kernkraftwerke stillzulegen, hat der Verbrauch von Braunkohle zur Stabilisierung des Netzes zugenommen. Gleichzeitig wurden funktionierende Märkte kaputt gemacht. Die Auswirkungen reichen bis in die Schweiz. Fragen Sie einmal einen Bürger aus Olten, dem Sitz von Alpiq, weshalb er nun mehr Steuern bezahlen muss.

Es ist nicht einzusehen weshalb wir mit der Energiestrategie 2050 genau die selben Fehler wiederholen sollten. Der Energieverbrauch der Schweiz beträgt 0.1 Prozent des Weltverbrauchs. Eine Reduktion unseres Verbrauchs, sei es selbst  50%, was ziemlich unrealistisch erscheint, wäre in der Auswirkung auf das Klima völlig vernachlässigbar und ohne jeglichen Nutzen für die Schweiz und die Welt. Es ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar, weshalb man die Energiepolitik mit der Klimafrage in Zusammenhang bringt. Eine solch unbedeutende Wechselbeziehung kann doch niemals Grundlage für einen Entscheid volkswirtschaftlicher Bedeutung sein. Auch das Argument, der Welt ein Vorbild zu sein, steht auf wackligen Füssen: Mit Maßnahmen, unter anderem Subventionen, die so teuer sind, dass sich das niemand anders als die reiche Schweiz leisten kann, kann man die Weltgemeinschaft kaum überzeugen.

Dass wir aber in der privilegierten Lage sind Forschung und Innovation zu betreiben, ist was anderes. Das ist zu nutzen. Dafür günstige Rahmenbedingungen zu schaffen ist sinnvoll. Doch gerade hier versagt die geplante Energiestrategie ein weiteres Mal. Mit implizit eingebauten Denkverboten zur Weiterentwicklung von Technologien wie zum Beispiel der Kernkraft, versucht man selbst die Innovationskraft zu lenken. Das kann nur schiefgehen. Erfindungen kann man nämlich nicht bestellen, die geschehen unvorhergesehen, sonst wären es keine. 

Und hier sind wir zurück beim Blick in die Kristallkugel: Die Lust dazu wird wohl nie vergehen. Gelungen ist es bisher niemandem, auch nicht Finanzjongleuren und Wirtschafts­wissen­schaftlern, die sich objektiv auf einem überschaubareren Feld bewegen als das globale Klimageschehen. In diesem Sinne dürfen wir die Klimaalarmisten getrost in die Ecke der Wahrsager stellen, auch wenn sie ihre Behauptungen mit noch so vielen Modellen belegen. Als Wegweiser für eine nachhaltige Energiepolitik sind sie untauglich.

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AuthorMarkus Häring

97% Konsenus, dass alleine der Mensch für den Klimawandel verantwortlich sei. Diese Zahl schlägt selbst nordkoreanische Abstimmungsresultate. Solche Aussagen machen suspekt, insbesondere wenn es sich um Wissenschaft handeln soll. Auch den Satz „The science is settled“ habe ich zum ersten Mal im Zusammenhang mit der Klimadiskussion gehört. Wer so etwas behauptet, hat eine andere Agenda als die wissenschaftliche Wahrheitsfindung. Wissenschaft ist niemals abgeschlossen, sie lebt ja vom laufenden Diskurs, eine abgeschlossene Wissenschaft gibt es nicht. Sonst würde die Welt heute noch als Scheibe verstanden. Der besagte 97% Konsensus ist unterdessen von der Wissenschaft selbst als unwahr widerlegt worden[1].

Dass ein ungebremster Verbrauch fossiler Brennstoffe weltweit für einen Anstieg des CO2 Gehaltes in der Atmosphäre beiträgt, und dass CO2 mit zunehmender Konzentration eine Erwärmung begünstigt, ist kaum bestritten. Doch dann hört der Konsens bei den Wissenschaftlern auf, unter anderem auch Mitautoren der IPCC Berichte. Die völlig verkürzte Aussage, dass alleine der menschgemachte Klimagas-Ausstoss eine Klimaerwärmung bewirkt, steht nur in den 26 Seiten des „Summary for Policymakers“ des IPCC. Es ist nicht unwesentlich zu wissen, dass für den Inhalt dieser Zusammenfassung um jedes Wort politisch und nicht wissenschaftlich gerungen wird. Nimmt man dann die Mühe, sich durch die 1552 Seiten des fünften Abschluss­berichtes zur Physik des Klimawandels zu wälzen, stellt man mit Genugtuung fest, dass die Sache doch ein bisschen komplizierter ist. Dass noch ein paar andere Faktoren im Spiel sind, und dass noch nicht alle Mechanismen des Klimageschehens verstanden sind. Es wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim weitaus wichtigsten aller Klimagase, dem Wasserdampf grosse Unsicherheiten über dessen Einfluss zum Klimageschehen bestehen.

Trotzdem steigern sich Klimadiskussionen oft ins Hysterische und Forderungen der Apokalyptiker zunehmend ins Absurde und nehmen unverkennbar religiöse Züge an. Den Gipfel abgeschossen hat bisher die Klima Allianz, welche es fertigt bringt eine Bundesrätin als Schutzheilige des Klimas vorzuschlagen, und diese mit wolkigem Heiligenschein präsentiert. Hier versagt die Hoffnung auf Sachlichkeit. Solche Manifeste sind Gift für eine ernsthafte Energiepolitik. Es ist schlicht nicht so einfach nur Solarzellen und Windmühlen aufzustellen und dann ist das böse CO2 weg. Solche dummen Verkürzungen sind ein Hohn gegenüber allen Forschern, Entwicklern und Ingenieuren die sich ernsthaft bemühen nicht nur ökologisch wünschbare, sondern auch ökonomisch tragbare Lösungen zu finden.

Das Unbehagen, dass unser Wohlstand zu über 80% auf dem Gebrauch fossiler Brennstoffe aufbaut, ist berechtigt. Nachhaltige Energieysteme müssen in Zukunft fossile Brennstoffe ablösen. Richtig nachhaltig sind aber nur solche, die ohne Subventionen im Markt bestehen können, sonst bleiben sie unwirksame Nischenprodukte, die sich nur reiche Länder leisten können. Da ist leider noch ein langer Weg. Und da besteht eine weitere Gefahr der Klimahysterie. Sollte die Erwärmung nicht so stattfinden wie angedroht – solche Zeichen mehren sich – fällt eine bloss an Klimazielen aufgehängte Energiepolitik wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Trotz religiösen Energiekriegern sollte man die Hoffnung auf die menschliche Vernunft nicht aufgeben.

 

[1]{C} Cook et al. 2013: Quantifying the consensus on anthropogenic global warning in the scientific literature; Environmental Research Letters, Volume 8, Nr. 2

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AuthorMarkus Häring