publiziert in der Basler Zeitung vom 23. Februar 2018
Fasnacht hat einen Bezug zum christlichen Kalender wie zu heidnischen Bräuchen. Frühere Kirchenfürsten waren pragmatisch genug, um alte Bräuche gekonnt in kirchliche Rituale zu integrieren. Ursprünglich wollten die Leute mit ihren fürchterlichen Fratzen und Feuer nur den Winter vertreiben. Unsere Vorfahren meinten, mit viel Lärm und Gezeter Einfluss auf das Klima nehmen zu können. Glücklicherweise hat sich unsere Fasnacht weiterentwickelt und stellt heute mehr als nur das Wetter an den Pranger.
Abseits der Fasnacht wollen uns selbsternannte Weltenretter das ganze Jahr hindurch mit medialem Trommelfeuer einhämmern, welche apokalyptischen Folgen der Klimawandel haben könnte und dass dem Unheil nur mit ihren auserlesenen Methoden Einhalt zu bieten sei. Der real existierende Klimawandel und wie man ihm begegnen soll, ist zu einem Thema mutiert, das man kaum mehr sachlich diskutieren kann. Entweder man glaubt der selbstdefinierten Gruppierung von Wissenschaftlern, den berühmten 97 Prozent, oder man ist ein Leugner. Dazwischen ist der Spielraum des notwendigen Diskurses verschwunden. Eine höchst bedenkliche Entwicklung und ein Rückschritt in einer vermeintlich aufgeklärten Gesellschaft.
Der schwindende Einfluss der Kirche hat offenbar ein Vakuum hinterlassen. Ein Minimal- bedarf an Dogmen, an welchen sich der Mensch moralisch orientieren will, scheint zu bestehen. Dieser Umstand wird in der angelsächsischen Welt ebenso wahrgenommen, dort aber weit heftiger diskutiert als hierzulande. Im Folgenden zitiere ich aus dem neuen Buch von Matt Ridley, «The Evolution of Everything»: «Man sagt uns, dass wir sündigen (durch den Ausstoss von CO2), dass wir Erbsünde tragen (mit unserem menschlichen Verlangen nach Wohlstand), die uns aus dem Paradies vertrieben habe (aus der vor-industriellen Welt), dass wir das bereuen müssen (indem wir unser verantwortungsloses Konsumverhalten verdammen), dass wir büssen müssen (mit der Bezahlung einer CO2-Steuer), dass wir bereuen müssen (darauf bestehen, dass Politiker ein Lippenbekenntnis zum alarmierenden Klimawandel ablegen) und Erlösung suchen (in der Nachhaltigkeit).» Es geht dann noch weiter mit der Nennung von Klimaheiligen (Al Gore) und Propheten (IPCC).
Ridley untermauert das Ganze mit umfassenden Einsichten zur gesellschaftlichen Entwicklung. Höchst lesenswert!. Unbestritten nehmen wir mit unserem Konsum meist belastenden Einfluss auf die Natur, und fraglos stören wir mit unserem Energiekonsum natürliche Kreisläufe. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns bemühen müssen, unseren Nachkommen eine intakte Umwelt zu hinterlassen. Wir müssten mittlerweile aber so weit gekommen sein, dass man das besser mit Vernunft und Sachlichkeit und nicht mit religiösem Eifer anpackt.
Noch beinahe wie im Mittelalter meinen viele, mit drastischen Massnahmen das Klima steuern zu können. Heute nennt sich das Geo-Engineering. Dass dies eine Wissensanmassung und eine Überschätzung unserer Fähigkeiten ist, wird nicht erkannt. Gepaart mit dem Glauben, der Staat könne alles mit Geboten und Verboten richten, ergibt sich ein unappetitlicher Mix von Bevormundung und Einschränkung freiheitlicher Ent- faltung. Doch gerade Letztere ist die wichtigste Voraussetzung für Innovation und Fortschritt, wie sie Matt Ridley in seiner «Evolution of Everything» beschreibt. Man darf sich wünschen, dass sich auch die Klimadiskussion in eine positive Richtung entwickelt wie die Fasnacht.
Von den alten Winteraustreibungsritualen geblieben sind die Larven. Die früheren Narren wollten nur, dass es wärmer wird, heutige wollen das Gegenteil.