publiziert in der Basler Zeitung am 9. Juni 2016
Die deutschsprachigen Umweltministerinnen, darunter auch unsere Bundesrätin Doris Leuthard, haben am 13. Mai im niederösterreichischen Melk in einer gemeinsamen Presseerklärung verlauten lassen, dass sich der Klimawandel nur durch eine Energiewende bewältigen lasse. Sollte Energiewende, so wie heute, als Synonym für Atomausstieg und Förderung von Wind- und Solarkraft verstanden werden, ist das eine tragische Fehleinschätzung, welche Europa und die Schweiz noch teuer zu stehen kommen wird.
Ein globaler Klimawandel mit einer stetigen Erwärmung findet statt, seit Temperaturen systematisch gemessen werden. Die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe haben seit den Siebzigerjahren massiv zugenommen und haben im letzten Jahrzehnt einen noch nie da gewesenen Zuwachs erfahren. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat in den letzten 50 Jahren um 25 Prozent zugenommen und hat nun die Konzentration von 0,04 Prozent überschritten. CO2 hat die Eigenschaft, Wärmestrahlung zu absorbieren und zu einer Erwärmung beizutragen. Das sind Fakten. Genauso Fakt ist, dass die Weltbevölkerung zunimmt und die Menschen in allen aufstrebenden Ländern den gleichen Lebensstandard erreichen wollen wie wir. Und der basiert auf dem Gebrauch von Energie. Das lässt sich nicht verbieten.
Die einfachste Methode, die Treibhausgasemissionen in einem Industrieland zu reduzieren, ist, die energieintensive Produktion auszulagern. Diesen Pfad beschreitet die Schweiz erfolgreich seit vielen Jahren. Dienstleistungsunternehmungen der Finanz-, Versicherungs- und Handelsbranche können jedes Jahr mit brillant tiefen Emissionswerten ihrer Betriebe glänzen. Energieintensive Produkte werden importiert. Der CO2-Rucksack wird an der Grenze abgelegt. Das gaukelt zudem ein Wirtschaftswachstum vor, das sich vom Energiebedarf abgekoppelt habe.
Brillieren müsste man in der Entwicklung nachhaltiger Energiesysteme. Das ist tatsächlich auch ein Ziel der Energiestrategie. Technologiesprünge kann man weder bestellen noch lenken. Ein Staat kann nur günstige Rahmenbedingungen für die freie Entfaltung von Ideen gewähren. Regulierung und Technologieverbote sind aber das pure Gegenteil davon. Die grösste Ideenbremse sind Subventionen. Denn sie bestätigen einen vermeintlichen Mehrwert eines Systems, halten es vom Markt fern und verhindern so dessen Weiterentwicklung. Grundsätzliche Kriterien wie Ressourcenverbrauch und Energiedichte verlieren bei einem ausgeschalteten Markt ihre Bedeutung. Gefördert werden heute Systeme, die zwar wenig CO2 produzieren, aber eine miserable Energiedichte aufweisen.
Im Kern müsste doch die Forderung stehen, mit einem Minimum an Ressourcen ein Maximum an Leistung zu erzielen. Diese nüchterne Überlegung war der Grundstein zur Entwicklung der Kernenergie. Der Grundsatz stimmt auch heute noch. Physikalische Gesetze ändern sich nicht. Kernenergie ist gefährlich und wird es für alle Zeiten bleiben. Etwa so wie das Feuer für den Urmenschen vor einer Million Jahren. Zurzeit ist Atomstrom sogar unwirtschaftlich. Das rechtfertigt aber kein Verbot. Hätte der Urmensch bei der Zähmung des Feuers dieselbe, bereits pathologische, Risikoaversion gezeigt, wäre die Evolution ziemlich anders verlaufen. Feuer ist heute noch genauso brandgefährlich wie damals, aber unsere gesamte Zivilisation basiert darauf.